Freitag, 27. November 2015

Ein Lobgesang auf hochgeklappte Bürgersteige - London versus Sauerland













Dass ich das einmal sagen würde, hätte ich vor zwanzig Jahren unter Eid bestritten...!
Deshalb hört gut zu und schreibt mit:

                                " ICH BIN EIN LANDEI!"
                              (Und wirklich froh darüber)

Da seht Ihr es wieder: Das Leben ist ein Fluss und lebt von der Veränderung -  denn das war wirklich nicht immer so!


Weder war ich immer ein Landei, noch wollte ich überhaupt eines sein.

Nicht, dass ich je in einer Großstadt gelebt hätte.
Es war immer eine Kleinstadt.
Aber immerhin: eine KleinSTADT!

Mein Mann war übrigens auch nie ein Landei!

Und ist auch nicht dort aufgewachsen, dennoch lebte er „auf dem Dorf", als ich ihn kennenlernte und war dort in allen möglichen wichtigen und überflüssigen Institutionen fest etabliert  – d.h. ich hatte irgendwann schlichtweg keine Wahl...
Die Stadt und ihn damit verpflanzen, was wirklich einer Entwurzelung gleichgekommen wäre - oder...das Land!.

Mein Mann ist ansonsten wirklich sehr diplomatisch und  einer der tolerantesten Menschen, die ich kenne, aber bei zwei Dingen hatte er seine ganz  klare Linie:

"Sein" Dorf und sein Nachname!

Auch den wollte er niemals abgeben, weil der in Deutschland so selten sei. Na, gut, da ist Frau flexibel.


Wer hängt schon an einem Namen? Ihr etwa?

Gut, die Entscheidung, die "Stadt" zu verlassen ist mir wirklich nicht leicht gefallen, aber gut, dass Frau auch da flexibler ist!







In meinem Herzen träume ich auch heute noch davon, eine Zeitlang in Hamburg oder Berlin zu leben, in der Nähe von Kino, Kultur und Shopping-Möglichkeiten ohne Angewiesensein auf zwei Autos.

Allein aber die Tatsache, dass meine Kinder am nahen Waldrand und angesichts der niedrigen Kriminalitätsrate hier auf dem platten Land hier sicher besser aufgehoben sind als in einer Großstadt, und die Tatsache, dass kein Umzugsunternehmen sich bereit erklärt, unser Haus im ganzen Stück zu transportieren sowie die drohende Entwurzelung meines Mannes halten mich auf dem Land.

Und jetzt habe ich dort Wurzeln geschlagen.

Wie ein Baum, den man irgendwo hinpflanzt.
Er muss nur lange genug dort stehen.

Ich bin ein Landei geworden.






Vor Kurzem hatte ich aber die Möglichkeit, wieder einmal am echten, richtigen Großstadtleben zu schnuppern.

Zugegeben, es war London und mir ist bewußt, dass dagegen Berlin und Hamburg ein Kindergarten und noch nicht einmal halb so groß sind, bzw. Hamburg nur ein Viertel von London ausmacht, aber immerhin.


Aber mein Resumee:
KEINE Sekunde brauchte ich, um dem lieben Gott zu danken, dass ich dort nicht leben muss.
Im Dauerstau.
Kriminalitätsrate ein Gedicht.

Betonung liegt natürlich auf "dort dauerhaft leben" -  für eine Städtetour immer!

Gut, an jeder Ecke gibt es ein Restaurant und die aus aller Herren Länder. Es gibt jede Menge Galerien, Museen, Kinos, und Theater.

Aber... kein Wald um die Ecke, in dem ich den Familienhund ohne Leine frei herumrennen lassen kann.
In dem die Kinder Buden bauen und schnitzen können.
In dem Herr Lillewind seine Runden drehen kann.






Gut, mindestens ein Auto wäre unnötig, denn wir könnten jeden Morgen mit der U-Bahn zur Arbeit fahren.

Nur, wo parkt man dieses eine Auto, wenn es doch
keinen Parkplatz vor der Tür gibt?




Und Einkaufen?
Wenn ich einen Familieneinkauf mache, ist bei Aldi oder Lidl das Band an der Kasse einmal von vorn bis hinten gefüllt. Wieviele Tragetaschen voller Lebensmittel kann ich wohl auf einmal mit der U-Bahn nach Hause transportieren?

Ebenfalls wahr: Eine Fahrt in der U-Bahn schenkt Dir Zeit. Du kannst dort lesen oder Musik hören, ohne im Stau zu stehen, und ich habe sogar eine Dame gesehen, die sich auf dem Weg komplett geschminkt hat. Es geht eben offensichtlich auch ohne Tageslicht, und es muss Dir auch egal sein, wenn der Nachbar irritiert guckt, aber immerhin - das machte morgens bei mir eine Menge Zeit aus.

Dafür stehst Du aber, wenn die Bahn einfährt, mit gefühlten dreitausend Menschen am Gleis, und mußt hoffen, dass Dein Hintermann beim Einsteigen noch einmal richtig nachschiebt, damit Du nicht in der Tür stecken bleibst.

Familienhund möchte ich in einer Stadt wie London übrigens auch nicht sein. So mancher wird sicher nicht selten nur an der Leine über Asphalt und immer um den gleichen Block ausgeführt, während unser Familienhund hier auf dem Land über Felder und Wiesen jagen darf.


Ach, und meine Kinder kennen Kühe übrigens noch in Natur und nicht nur aus Büchern.





 
Ja, Ihr habt recht:
Über die Strasse vor unserem Haus wird niemals James Bond mit seinem Aston Martin heizen und auch niemals im Rennboot über unsere Talsperre.
Zum Chinesen, Thailänder oder gar bis zum veganen Restaurant werde ich immer mit dem Auto fahren müssen, aber ich kann nachts bei geöffnetem Fenster schlafen, ohne Ohrenstöpsel gegen den Verkehrslärm und einen Atemschutz gegen den Smog zu tragen.

Allein in London gibt es ganz herrliche Ecken und Sehenswürdigkeiten noch und nöcher.
Ausserdem beneide ich die Londoner um Ihr Paläste und die Königin. (Ja, ehrlich...!)

Aber auch wir haben in der Nähe ein Schloß -wenn auch ohne Queen....

...und wer will schon die Queen, wenn man dort doch nicht zum Tee gebeten wird?




Ich habe für mich jedenfalls eines erkannt:
Ob London, Paris, Berlin oder New York – ich bin jetzt alt genug, um zu wissen:
Ich liebe die Natur und "mein" Dorf (das ohne vernünftigen Bäcker und Kino), und ich gebe gern zu:

Ich habe Wurzeln geschlagen und bin ein Landei geworden!








Und Ihr?


Lebt Ihr auf dem Land oder in der Großstadt und findet das gut, oder hättet Ihr es womöglich gern andersherum?

Frische Landgrüße

Von Eurer Lillewind

1 Kommentar:

  1. Ich bin auch ein Landei. Erst seit kurzem und genieße es sehr. Hätte ich auch nie gedacht.
    Als Jugendliche wollte ich immer in Berlin leben. Geschafft hab ich es nie.

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