Mittwoch, 27. Januar 2016

Der schmale Grad der Erkenntnis






In den letzten Jahren haben mein Mann und ich sehr viel Zeit und Mühe darauf verwendet, unseren Kindern zu helfen, zu respektvollen Menschen heranzuwachsen, die hilfsbereit sind und die erkennen, wann ihre Unterstützung gebraucht wird.

Das beginnt im Kleinen damit, dass man Leuten, die hinter Dir durch eine Tür gehen, die Tür aufhält, sich für das Nachhausebringen bedankt, wenn man nach dem Sport, der Schule, ect. von anderen Eltern mitgenommen wird, aber auch, dass man spürt, wenn es anderen nicht gut geht, und denjenigen zu helfen versucht, und vieles mehr.

Wir bemühen uns also auch, ihnen ein Gespür dafür zu vermitteln, wann jemand ihre Hilfe nötig hat, obwohl er nicht darum bittet.

Was wir ihnen da vermitteln, nennt man im Allgemeinen wohl Aufmerksamkeit und Achtsamkeit.
Ohne diese beiden Schwestern funktioniert ein Zusammenleben unserer Meinung nach nämlich nicht. Jedenfalls nicht harmonisch.

Allerdings sind die beiden wie ein Vitamin, das Du Deinem Körper zuführst, um ihn kräftiger zu machen oder ihn allgemein für das Leben zu stärken.

Gibst Du ihm nämlich eine gewisse Dosis davon, baust Du Deinen Körper auf, und es geht Euch beiden gut oder besser. Gibst Du ihm zu wenig, bleibt das Vitamin wirkungslos, und unter Umständen erkrankt Dein Körper sogar, und es wird ihm auch nicht gut gehen.

Gibst Du ihm aber zuviel des Vitamins, geschieht unter Umständen genau dasselbe wie bei "zu wenig". Das Positive wird sich womöglich ins Negative verkehren.

Wie immer ist also auch hier das goldene Mittelmass der richtige Weg.

Ebenso verhält es sich mit der Achtsamkeit gegenüber anderen Menschen.

Du sollst auf jeden Fall darauf achten, wie es Deiner Umwelt, also den Menschen in Deiner Umgebung geht, und wie Du ihnen vielleicht helfen kannst, um ihr Wohlergehen zu steigern.
Aber gib Dich dabei nicht selbst auf, denn auf der anderen Seite heißt die kleine Schwester der Aufmerksamkeit: Hilfsbereitschaft.

Und wie beim Vitamin, meint man auch hier, mehr davon sei besser als weniger, aber die nette Familie ist noch nicht komplett.
Leider haben Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft nämlich noch einen Verwandten, der sich nur zu gern im Kostüm der Hilfsbedürftigkeit versteckt:

Den Egoismus!

Herr Egoismus ist nicht immer gut zu erkennen.
Das ist die hohe Kunst.

Manche erkennen ihn jahrelang nicht, weil sein Kostüm so gut ist.
Er kommt als liebe Kollegin daher, mit der Du Dich so gut verstehst, und die Dich dazu bringt, stetig mehr Arbeit von ihr zu übernehmen, weil sie ja noch so viele private und andere Verpflichtungen hat, und unbedingt pünktlich gehen muss.
Möchtest Du aber einen Tag Urlaub nehmen, geht das aus Gründen, die sie Dir mit aller Freundlichkeit erklärt, nicht, und Du kannst ihr dabei gar nicht böse sein.
Im Gegenteil, da kann man ja noch etwas lernen. Erstaunlich, wie aufmerksam sie nämlich sich selbst und ihren eigenen Bedürfnissen gegenüber ist.
Das kann aber auch eine Freundin sein, die Dich immer wieder dazu bringt, etwas für sie zu übernehmen, weil ihre Lebensumstände schwierig sind, aber gar nicht bedenkt, dass auch Deine vielleicht gerade schwierig sind. Aber Ihr seid ja Freundinnen. 
Oder bei der Du im richtigen Moment spürst, dass sie sich mit Deinen Sorgen gar nicht belasten möchte, während Du Dir oftmals Gedanken über sie machst.

Dann merke:
Der Egoismus ist aufmerksam mit denen, in denen er sich versteckt. Er denkt an seinen Wirt und nur an den, und Du bist ihm eigentlich egal, wenn Du ihm nicht helfen kannst.

Tückisch ist, dass es manchmal lange dauert, bis Du Herrn Egoismus erkennst.

Aber, wenn Du ihn dann erkannt hast, handle!

Denn er hat in Deinem Leben nichts zu suchen.
Er raubt Dir Deine Energie, ohne Dir in gleichem Maße etwas zurückzugeben.

Also achte auf Dich selbst und sei auch aufmerksam Dir selbst gegenüber, denn Egoismus ist ein Dieb.
Und läßt Du etwa Diebe in Dein Haus eintreten oder in Deinem Auto mitfahren?

Was soll dieser also in Deinem Leben?

Du bist erwachsen, und – auch, wenn es manchmal länger dauert, bis Du den Egoismus in seinem Kostüm enttarnst – irgendwann erkennst Du ihn, und erfüllst ihm nicht mehr seine Wünsche nd Bedürfnisse oder läßt Dich von ihm ausrauben. Du wirfst ihn dann nämlich raus.

Und dass es gar nicht erst soweit kommt, das möchte ich meinen Kindern für das Leben beibringen.

Damit sie den, oft so kleinen,
 Unterschied zwischen Aufmerksamkeit und Hilfsbereitschaft und dem Egoismus auf der anderen Seite, der sie ausnutzen wird, erkennen.

Damit sie ihm dann beizeiten voller Freundlichkeit und höflich ins Gesicht sagen können:
„ Egal, wie nett Du bist. Du wirst mich nicht ausnutzen!“

Das nennt man dann wohl den schmalen Grad der Erkenntnis?! Und die kommt manchmal vielleicht spät - aber besser spät als nie!



Liebste Grüße

Eure Lillewind
















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